Haushaltsrede
zum Haushaltsplanentwurf des Jahres 2015
der Unabhängigen Wählergemeinschaft Meinerzhagen (UWG)
durch den Fraktionsvorsitzenden Raimo Benger
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
diesem Haushaltsplanentwurf fehlt jegliche Kreativität.
Er schließt im Ergebnisplan mit einem hohen Fehlbedarf in Höhe von 5. 731. 666 EUR ab, der sich damit gegenüber dem Vorjahr noch einmal um circa 2.700.000 EUR erhöht hat und das, obgleich die ordentlichen Erträge 2015 gegenüber dem Planansatz 2014 um 1.870.000 EUR gesteigert wurden – insbesondere durch höhere Steuereinnahmen – führt das Aufwandsplus von circa 4 Mio. EUR zu einem erhöhten Fehlbedarf.
Und was tut man? Man erhöht die Steuern, die die Gemeinde auf direktem Wege für sich selbst kassieren kann, nämlich die Grundsteuer B um 10 Prozentpunkte auf 425 %.
(Ausführungen zur mangelnden Abstimmung bei der Erhöhung!)
Die Erhöhung dieser Steuer betrifft die Meinerzhagener Bürgerinnen und Bürger, die eine Wohnung oder ein Häuschen ihr Eigen nennen aber auch Mieter, da zumeist in Mietverträgen eine Umlegung erfolgt.
Und genau das ist der Grund, warum wir diesen Haushaltsplanentwurf als phantasielos und bar jeglicher Kreativität bezeichnen.
Es liegt ein hohes Defizit vor, das man dadurch löst, dass man die Steuern erhöht – und das in einer Kommune, die im Vergleich mit anderen gleichgroßen Kommunen bereits über sehr hohe Einnahmen insbesondere im Steueraufkommen, gerade auch bei der Gewerbesteuer – verfügt.
Aber so ist ja die Politik seit Jahren und Jahrzehnten nicht nur auf Kommunaler sondern auch auf Kreis-, Landes-, Bundes-, und Europaebene. Hohe Defizite sollen durch Steuer- und Abgabenerhöhungen ausgeglichen werden.
Auch das Land Nordrhein-Westfalen erhöht gerade wieder einmal die Grunderwerbssteuer – innerhalb von gut drei Jahren zum zweiten Mal – die sich innerhalb dieses Dreijahreszeitraumes damit fast verdoppelt hat. Dies ist familienfeindlich, da diese Steuer insbesondere von jungen Familien entrichtet werden muss, die Eigentum erwerben wollen. Gleichzeitig würgt dies die Bauindustrie als Motor der gesamten Industrie ab.
Nun kann man natürlich argumentieren, dass der geplante Grundsteuer B-Hebesatz sich am sogenannten fiktiven Steuersatz orientiert und dass man für den Fall, dass man diesen nicht erreicht, „bestraft“ wird. Dies ist auch noch zutreffend.
Es ist ein infames System, das in der Tat diejenigen Kommunen bestraft, die unterhalb dieses fiktiven Hebesatzes sind.
Dieses leistungsfeindliche Prinzip zeigt sich auch auf Landesebene, wo die Stadt Meinerzhagen durch das sogenannte „Stärkungspaktgesetz“ bestraft wird. Obwohl wir in der Haushaltssicherung sind und über 5 Mio. € Defizit haben, geht es uns noch nicht schlecht genug, dachte sich das Land Nordrhein-Westfalen und nimmt uns im Jahre 2015 rd. 280 TEUR ab – Geld, das an Kommunen vorwiegend in den Ballungszentren, die noch höhere Defizite haben, umgeleitet wird.
Ob ein solches System zielführend ist, das eben keine Anreize dazu schafft, selbst zu schauen, was man tun kann, um Defizite zu verringern, ist äußert fraglich. Man kann es auch klar mit „Nein“ beantworten. Denn durch dieses Schwächungspaktgesetz werden eben Kommunen bestraft, die versuchen, ihre Haushalte zu sanieren, die sich um Gewerbeansiedlungen bemühen und ihre Ausgabensituation in den Griff bekommen haben. Davon gibt es genug Kommunen in Nordrhein-Westfalen – übrigens auch in der Größenordnung von Meinerzhagen.
Statt also die Steuern zu erhöhen und eine weitere Steuererhöhung schon jetzt für 2018 in das Auge zu fassen, die eben Bürgerinnen und Bürger belastt, die durch hohe Energiekosten, durch eine massive Geldentwertung infolge einer Niedrigzinspolitik bei einer gleichzeitigen echten Inflation von 4 % immer mehr finanziellen Spielraum und damit Geld für Investitionen und Konsum verlieren, sollten wir in Meinerzhagen schauen, wie wir selbst wieder auf die Beine kommen.
Erste zarte Ansätze gibt es dazu im Haushaltsplanentwurf. Gleichzeitig sollten wir weiterhin gegen das leistungsfeindliche Schwächungspaktgesetz vorgehen.
Wir Unabhängigen haben diskutiert, wie dies geschehen kann und haben auch Anleihen bei anderen Kommunen, die dies geschafft haben, genommen. Wir haben Ideen dazu.
Allerdings wird es wohl tatsächlich so sein, wie der Kämmerer anlässlich seines Vortrages bei der gemeinsamen Haushaltsklausur von „Grünen“ und UWG betont hat, dass für den Fall, dass man Vorschläge macht, diese von anderen „weggebissen“ werden.
Von daher schlagen wir vor, dass die „Mehrheitsfraktionen“ zu einem „Runden Tisch“ einladen, an dem über Sanierungsmaßnahmen beraten wird und diese dann am Ende gemeinsam vorgetragen werden.
Wir freuen uns, auch dies darf an dieser Stelle einmal gesagt sein, dass gerade der Fraktionsvorsitzende der CDU sich sehr um Kommunikation bemüht und sagen unsere Unterstützung zu, wenn er diese Kommunikation auch hier sucht.
Der größte Teil der geplanten Investitionen im Haushaltsplanentwurf ist sinnvoll und notwendig.
Wir finden es richtig, dass insbesondere auch mit „Regionale-Mitteln“ in unsere Stadt investiert wird, damit insbesondere unsere Innenstadt attraktiver wird. Gerade auch deswegen werden wir diesem Haushaltsplanentwurf zustimmen, weil eben etwas passieren muss, investiert werden muss! Dass wir die Art und Weise, wie Dinge gestaltet werden sollen im Einzelfall für grundfalsch halten, wie etwa die Gestaltung des „Stadthallenumfeldes“ kann nicht dazu führen, dass wir den ganzen Haushalt ablehnen, der zum großen Teil eben sinnvolle Investitionen vorsieht.
Die Argumente insbesondere zu diesem Stadthallenumfeld sind ausgetauscht. Aber ein Blick in andere Kommunen, die über solche Plätze verfügen und die eben nicht in so einer wunderbaren touristisch attraktiven Altstadt wie Düsseldorf liegen, zeigt, dass diese Plätze veröden, wenn man sie nicht insbesondere mit Gastronomie belebt. Gelingt dies aber bei diesem Platz, so wird dies dazu führen, dass man Gastronomie aus anderen Bereichen wegzieht, wo sie gerade auch beleben soll, wie etwa in der Fußgängerzone oder der oberen Hauptstraße. Schon jetzt tun sich einige Café- und Restaurantbetreiber schwer, da die Nachfrage eher schleppend ist.
Manchmal hat man auch den Eindruck, dass Teile des Rates und der Verwaltung Düsseldorfer Planern einen derartigen Spielraum lassen, dass man glaubt, die Stadtspitze hat die „Feder aus der Hand gegeben“. Düsseldorfer Planungsbüros haben bereits in den 70er Jahren dazu beigetragen, dass in großen Teilen wunderbare Jugendstilkulissen unserer Stadt durch vermeintlich „moderne Betonklötze“ ersetzt wurden, die hier nicht hinpassen und die heute im Rahmen der Regionale ja auch teilweise wieder „ansehnlicher“ gemacht werden sollen. Jetzt stimmt man Ideen solcher Planungsbüros zu, die vielleicht in Düsseldorf funktionieren, aber – und das kann man empirisch an anderen ähnlichen Kommunen belegen – nicht unbedingt hier.
Auch die Tatsache, dass man uns ein Nutzungs- und Finanzierungskonzept zur „Villa im Park“ vorlegt, das von ASS und eben nicht von der Kommune erstellt wurde, zeigt, dass der eine oder andere hier vielleicht „alleinseligmachende Halbgötter“ am Werk sieht.
Dabei ist im Gegenteil dieses Finanzierungskonzept genauso fragwürdig wie die eine oder andere Planung dieses Büros.
Denn ich muss mir als Kulturverein, der von Mitgliedsbeiträgen und Einnahmen durch Kulturveranstaltungen lebt, schon überlegen, ob ich einen großen Teil meiner Einnahmen, die ja in Kultur investiert werden sollen, für eine stattliche Miete in der Villa ausgebe oder mir nicht stattdessen doch Alternativen suche.
Gleichwohl ist der Großteil der Investitionen richtig und muss umgesetzt werden. Auf nicht zielführende kann verzichtet werden. So halten wir eine Reitertreppe in dem Park oder Rad- stationen, die sich schon gar nicht lohnen, solange der Volmetal-Radweg nicht umgesetzt ist, für fragwürdig.
Es bleibt zu hoffen, dass die Aufträge für die Baumaßnahmen im Rahmen der „Regionale“ nicht an Unternehmen vergeben werden, die durch „Lohndumping“ bei den Mitarbeitern „billig“ anbieten sondern an tariftreue Unternehmen, die „wirtschaftlich“ anbieten.
Der Haushaltsplanentwurf führt aus, dass die „aktuellen Entwicklungen im Asylaufkommen mit rasant zunehmenden neuen Aufnahmeanträgen eine weitere besondere Herausforderung für die Kommunen“ darstellen. Hier sind „enorme finanzielle Mehrbelastungen“ zu erwarten, die in der Vorlage 115 – Ergänzung- noch einmal nach oben korrigiert wurden.
Menschen zu helfen, die aus Kriegsgebieten flüchten und insbesondere als Christen im Norden Afrikas brutal verfolgt werden, Frauen und Kinder, die gefoltert werden, hier aufzunehmen, ist eine ethische und christliche Menschenpflicht. Dass dies mit finanziellen Aufwendungen verbunden ist, liegt auf der Hand. Ob aber auf der anderen Seite im großen Umfang auch Mittel für Menschen aufgebracht werden müssen, bei denen eben kein Flüchtlingsstatus vorliegt, der Asylgrund gerichtlich verneint wurde, die aber eben auch dazu beitragen, dass diese enormen Kostensteigerungen im „Sozialbereich“ vorliegen, ist im Rahmen eines lokalen Haushaltsplanentwurfes nicht zu diskutieren.
Wir begrüßen, dass die Verwaltungsspitze schnellstens Maßnahmen ergriffen hat, um die Situation der Flüchtlinge zu verbessern, wenn auch erst nach einem Bericht in der MZ auf Seite 1 im Lokalteil die Aktivitäten erst so richtig beschleunigt wurden. Denn die Flüchtlinge müssen hier menschenwürdig untergebracht werden.
Jeder sollte jedoch auch wissen, dass zusätzliche Sozialarbeiter für diesen Bereich im Rahmen einer Haushaltssicherung bedeuten, dass woanders Mittel in mindestens genau dieser Größe eingespart werden müssen. Wenn man solche Vorschläge macht, sollte man auch sagen, wo man die Mittel auf der anderen Seite einsparen will. Soll die Unterstützung für Kindergärten, Schulen oder Altenpflege wegfallen?
Genauso verhält es sich ja mit dem Qualitätsmanagementsystem für eine familiengerechte Kommune, das wir gerne für Meinerzhagen eingeführt hätten. Jedoch müssen auch diese Zusatzkosten für dieses Managementsystem an anderer Stelle wieder eingespart werden und es wäre ein Irrsinn, wenn man, um ein Managementsystem für eine familiengerechte Stadt zu haben, gezwungen ist, konkrete Maßnahmen zur Unterstützung von Familien, für Kindergärten oder Schulen, zu streichen.
Meine Damen und Herren, es gibt weitere Standortfaktoren, die dazu führen, dass sich Menschen hier ansiedeln oder aber im umgekehrten Fall die Kommune verlassen.
Dazu gehört auch die Ärzteversorgung. Alle Parteien haben sich vor der Wahl mit Vorschlägen hervorgetan, insbesondere im Fachärztebereich für eine Verbesserung zu sorgen. Täglich konnte man in Artikeln und Anzeigen das Bekenntnis lesen.
Nunmehr liegt es uns schriftlich vor – die Bürgerin Frau Sziegoleit und ich haben es sowohl vom Bundesgesundheitsminister als auch von der Kassenärztlichen Vereinigung schriftlich bestätigt bekommen, dass Meinerzhagen für den Fall, dass es gelingt, hier Fachärzte anzusiedeln, eine Zustimmung hierfür erhält, obgleich nach Ansicht dieser Vereinigung der Bedarf durch Fachärzte in Lüdenscheid und Anderenorts gedeckt ist. Dies gilt es also nicht mehr zu diskutieren. Diskutiert werden muss, welche Maßnahmen wir ergreifen, um Fachärzten hier die Ansiedlung schmackhaft zu machen. Denn die Kassenärztliche Vereinigung schreibt auch: „Nach Meinerzhagen will keiner“. Was können wir also tun und welche Unterstützungen etwa auch in finanzieller Hinsicht – im Bereich der Vermietung oder ähnlichem – können und dürfen wir leisten?
Das muss in die Hand genommen werden! Und da muss der Bürgermeister an der Spitze stehen, und mit den Fraktionsspitzen nach Möglichkeiten suchen. Aber „Führen“ und Ideen entwickeln muss der „Erste Mann“ in dieser Stadt, damit wir dieses Thema nicht „aussitzen“ und damit dauerhaft einen wichtigen Standortfaktor verlieren, der erst kurz vor der nächsten Wahl dann wieder zum Thema wird.
Wir sagen Ihnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister hierbei unsere Unterstützung zu und werden unsere Kreativität einbringen!
Meine Damen und Herren, wir stimmen diesem Haushaltsplanentwurf zu, insbesondere weil wir zahlreiche Investitionen für sinnvoll erachten, kündigen aber auch an, dass dies nicht immer in der Zukunft der Fall sein wird, insbesondere wenn die Kreativität sich, wie für 2018 schon in Aussicht gestellt, in künftigen Haushaltsplanentwürfen, auf Steuererhöhungen reduzieren wird.
Herzlichen Dank!
Raimo Benger
Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) Meinerzhagen im Rat der Stadt