Haushaltsrede zum Haushaltsplanentwurf 2016

Haushaltsrede

des Fraktionsvorsitzenden der

Unabhängigen Wählergemeinschaft Meinerzhagen (UWG),

Raimo Benger,

zum Haushaltsplanentwurf 2016

 

„Alle Dinge beginnen mit einer Vision. Sie haben ihren Ursprung in einer Vision, müssen dann auch noch ins Werk umgesetzt werden.“

Diese alte indianische Weisheit steht im Widerspruch zum Ausspruch eines großen Sozialdemokraten, den ich sehr schätze und der gerade verstorben ist, nämlich Helmut Schmidt, der bei „Visionen den Arzt empfahl“. Dieser Ausspruch Helmut Schmidts wurde vom Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt anlässlich eines Symposiums zur Stadtentwicklung einmal getätigt, woraufhin er energischen Widerspruch vom Inhaber eines bekannten Architektenbüros erhielt: „Doch, Herr (Ober)Bürgermeister, Sie müssen Visionen haben, Sie müssen vordenken, Ideen haben, denn Sie sind die Führungsspitze dieser Stadt und man erwartet von Ihnen Führung, was nicht bedeutet, dass Sie alles selbst ausführen müssen, aber Sie müssen Ideen geben, wie die harten und weichen Standortfaktoren, die für unsere Stadt sprechen, erhalten und ausgebaut werden können. Sie müssen als Führungsperson schauen, wie wir die Ärzte in der Stadt halten und Fachärzte wieder ansiedeln, dem Restaurant-Inhaber, der mit seiner hervorragenden Küche auswärtige Gäste in unsere Stadt zieht, die anschließend nach einem guten Essen noch in einem Hotel verweilen, obwohl dies nicht originäre Verwaltungsaufgabe ist, Optionen an die Hand geben, müssen sehen, wie der große Platz an der Oper, der gebaut wurde, belebt wird, weil sich dort nichts mehr abspielt…..“

Diesem Dialog aus einem Symposium, das die Rotary Clubs einer deutschen Großstadt durchgeführt haben, ist nichts hinzuzufügen.

Als Führungspersönlichkeit eines Unternehmens, einer gemeinnützigen Organisation, einer Religionsgemeinschaft, eines Verbandes, aber auch einer Kommune muss ich Ziele vorgeben, die ich daraus zu entwickeln habe, wo meine Stärken und meine Alleinstellungsmerkmale liegen und eben nicht nur verwalten.

 

Es ist so, dass es nicht leicht ist für eine Kommune der Größe Meinerzhagens, Fachärzte zu gewinnen, die einen bedeutenden Standortfaktor darstellen. Dann aber muss ich überlegen und den Rat dafür gewinnen, welche Möglichkeiten im Rahmen des rechtlich Zulässigen habe ich, um sie doch hierhin zu bekommen und darf da ruhig einmal bei anderen Kommunen, die es geschafft haben, abschauen. Es kann nicht sein, dass derjenige aus dem Rat, der dies einfordert mit dem Spruch abserviert wird: „Dann schau Du doch selbst.“

Ärzteversorgung und auch die Idee, von einer familiengerechten Kommune sind Standortfaktoren, die nicht einfach liegen gelassen werden dürfen, wollen wir hier noch eine Chance zur Entwicklung unserer Stadt haben.

 

Wo sind unsere Alleinstellungsmerkmale in Meinerzhagen?

Gewiss ist es die Volme und die Idee, die Volme im Zentrum zu öffnen, um die Menschen dort hin zu bringen. Das ist gut, denn Wasser zieht Menschen an. Jedoch erscheint die Umsetzung sehr fraglich.

 

Der Vorschlag des Stadtmarketings, die Alleinstellungsmerkmale „Sprungschanze“ und „Warnamt“ als Projektgrundlage zu nehmen, ist nicht so abwegig, wie er immer dargestellt wurde. Ob die Art der geplanten Umsetzung, die bislang nur „angedacht“ wurde, die richtige ist, soll hier nicht zur Diskussion stehen. Es geht allein darum, Alleinstellungsmerkmale zu schaffen, die Menschen hier hin ziehen und hier verweilen lassen.

Vielleicht sollte man den Bürgermeister von Waldbröl, der den Naturerlebnispark Panarbora in diesem September eröffnet hatte, auch zum Arzt schicken, weil er Visionen hatte. Er aber hat überlegt, was kann ich tun, was andere noch nicht getan haben.

Beiträge im 1. und 2. Fernsehprogramm und 80.000 Tagesgäste, die dort auch in Restaurants und Geschäfte gehen, geben den Visionären aus Waldbröl Recht.

Absolut richtig ist es, die Innenstadt zu stärken, um dort die Geschäfte zu halten.

Trotz dieses Konzepts sind die Leerstände immer noch immens. Wer die Augen und Ohren nicht verschließt weiß auch, dass viele Meinerzhagener mittlerweile zum Einkaufen nach Kierspe in die Großdrogerie fahren und die sonstigen Einkäufe dort im Umfeld gleich miterledigen.

Wir bleiben auch dabei: unsere Innenstadt muss gestärkt werden, allerdings sollte man vielleicht aber Projekte, die die Peripherie unserer Innenstadt betreffen und die auch realisierbar sind, nicht von vornherein ausschließen, wenn wir eh davon ausgehen, dass weitere Abwanderungen aus dem Kern der Innenstadt geplant sind.

 

Über die Regionale im Zusammenhang mit dem Stadthallenumfeld ist viel geredet worden. Es ist über die Sinnhaftigkeit des Projekts gesprochen worden, die Innenstadt mit einem Platz zu versehen, wo sich künftig – ist er einmal fertig – „natürlich sofort Restaurants und Cafés ansiedeln und den Platz beleben“. Wir glauben das nicht aber wünschen uns das! Empirisch spricht jedoch einiges dagegen, dass dies nachhaltig der Fall sein wird. Andere Kommunen, auch größere, die über solche Plätze verfügen, revitalisieren diese mittlerweile wieder durch „Spielstraßen“ o.ä.

Darüber hinaus ist dem Protokoll des letzten „Gaststättenausschusses“ zu entnehmen, dass es sehr wohl Interessenten für das Stadthallen-Restaurant gab, die aber nicht genommen wurden, da an der Stadthalle ja in Kürze der Umbau stattfinden werde. Dies wären zumindest auch in der Übergangsphase Einnahmen für die Stadt gewesen.

Auch zu den Kosten des Stadthallenumfeldes ist viel gesagt worden. Hier ist es fraglich, welche Zahlen verglichen werden, die Zahlen der ersten Planansätze, die Grundlage für die Entscheidung des Rates waren, mit den heutigen Planansätzen oder die Planansätze des letzten Haushaltes mit den heutigen? Mit Zahlen kann man jonglieren. Man kann natürlich auch vorrechnen, dass in Folge der erhöhten Zuschüsse zur Regionale und insbesondere zum „Stadthallenumfeld“ die direkten Mehrbelastungen nicht bei der Stadt angekommen sind. Mein Respekt übrigens dafür, dass die verantwortlichen Mitarbeiter so gut verhandelt haben! Letztendlich werden aber die Bürgerinnen und Bürger diese Kosten zu tragen und zu erstatten haben, egal von welcher Ebene sie umgelegt werden.

 

Wir empfinden das Teilprojekt „Stadthallenumfeld“ aus den genannten Gründen nach wie vor fraglich und „eine Nummer zu groß“ für Meinerzhagen, die bei einem solchen Projekt zu erwartenden Kostensteigerungen werden wohl auch noch während der Bauphase ihre Fortsetzung finden.

Da lässt es einen nachdenklich werden, wenn man dann nicht förderfähige Extrawünsche zum Stadthallenumfeld, wie die ca. 100.000 € für Unterflurdosen, als Investitionsmaßnahme im Kulturausschuss wiederfindet. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Oder aber die Verschiebung des notwendigen Mensaausbaus an der Sekundarschule um Löcher zu stopfen?!

 

Und dann sind da die geplanten Steuererhöhungen von 150 Punkten bzw. 1/3 bei der Grundsteuer B in Meinerzhagen, die sowohl Eigentümer als auch Mieter betrifft.

Die Kernfrage ist hier, was sich seit dem letzten Jahr so sehr geändert hat, dass der Haushalt im bisherigen Planansatz bis 2018 nicht mehr ausgeglichen werden kann!

Um dieses Ziel zu erreichen müssen sogar die Mehreinnahmen durch die Grundsteuererhebung von zwei zusätzlichen Jahren her.

Warum ist das angelaufene Defizit in 2015 so hoch, dass scheinbar kein anderes Mittel mehr bleibt?

Diese Frage haben wir der Kämmerei gestellt und so richtig keine Antwort bekommen.

Gehört haben wir, dass es die zusätzlichen hohen Kosten für Asylbewerber nicht sind und auch nicht das Stadthallenumfeld. In einer ersten, mündlichen Antwort, waren es noch, nach meiner Erinnerung, die zusätzlichen Kosten für die Asylbewerber.

Allerdings enthielt hier ja schon der Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses der Stadt zum Ende des Jahres 2014 den Hinweis, dass hier weitere Zuwendungen des Bundes erfolgen werden, was mittlerweile ja auch bestätigt wurde.

 

Was also treibt die Mehrheit dieses Rates und die Verwaltung zu dieser in der Höhe historisch einmaligen Erhöhung von Steuern?

Wir wissen es nicht und so richtig erklärt hat es auch niemand.

 

Es sieht also in der Tat nach dem berühmten „Schluck aus der Pulle“, wie es ja auch einmal formuliert wurde, aus.

Die Bürgerinnen und Bürger sind aber keine „Pulle“ aus der man einen beliebigen Schluck nehmen kann – und schon gar nicht, wenn man nicht so recht erklären kann, warum!

 

Meine Damen und Herren, wir verschließen uns keinen Steuererhöhungen als letztem Mittel, wenn man weiß, dass es eben kein anderes Mittel gibt und diese für Projekte sind, die uns voran bringen.

Selbst wenn sie in diesem leistungsfeindlichen Umfeld in Nordrhein – Westfalen sehr fraglich sind denn wer seinen „ Laden sauber hält“ wird bestraft und zahlt den sogenannten „Landessoli“. „Fast 1 Million Euro für Investitionen in Kierspe“, titelte die MZ am 20. August. Meinerzhagen aber erhält nichts und zahlt ein!

 

Bezüglich einiger kostenträchtiger Projekte wie dem „Stadthallenumfeld“ haben wir Zweifel, wir sehen auch nicht, dass Vorschläge aus den Fraktionen aufgegriffen worden sind, die Kosten zu senken, wie sie auch von uns schon in den vergangenen Jahren vorgeschlagen wurden.

Stattdessen wird die Steuererhöhung gemacht und die Kostensenkung nur in Aussicht gestellt.

 

Wir werden diesem Haushalt daher nicht zustimmen!

 

Sie, Herr Bürgermeister, und Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen im Rat, haben uns aber auf Ihrer Seite für Projekte, die die Stadt voran bringen und für Kostensenkungen, die von uns allen gemeinsam vorgeschlagen werden.

 

Raimo Benger

Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Wählergemeinschaft Meinerzhagen (UWG)

Hinweis:
Es gilt das gesprochene Wort!